Sport und Musik – ein Doppelpass, der nirgends so hochklassig gelingt wie in Liverpool. Wie die Beatles, die berühmtesten Söhne der Stadt, waren auch die „Reds“ des FC Liverpool auf ihrem Terrain seit gefühlten ewigen Zeiten die Nummer eins. Inoffizielles Motto des Kultklubs von der Anfield Road: Drama, baby! So viele unglaubliche Aufholjagden (die Krönung: Im Champions-League-Finale 2005 einen 0:3-Rückstand gegen den normalerweise ausgebufften, eiskalten AC Milan noch in ein Heldenepos verwandelt), so viele Katastrophen (Heysel 1985, Hillsborough 1989), so viel Liebe zwischen Anhängern und Mannschaft! Fußball ist im Nordwesteck Englands keine Frage von Leben oder Tod, „er ist viel wichtiger“, diagnostizierte schon Liverpools schottische Trainerlegende Bill Shankly in den Roaring Sixties, als es so richtig losging – mit den Beatles und den „Reds“. In den 1970ern feierte Liverpool die ersten großen internationalen Erfolge. Legendäre Namen stemmten Pokale oder schrieben Geschichte: Etwa der irisch-englisch-walisische Traumsturm Steve Heighway, Kevin Keegan und John Toshack, später Kenny Dalglish oder Ian Rush, heute Fernando Torres.Fünf Meistercup- bzw. Champions-Champions-League-Triumphe und drei UEFA-Cup-Siege machen Liverpool zum erfolgreichsten englischen und zu einem der besten Vereine in ganz Europa. Dazu die spezielle Atmosphäre auf den Rängen, die sich nur ungenügend beschreiben läßt. Die mythische Klubhymne „You’ll never walk alone“, mit Inbrunst gesungen von 44.000 Fans wenige Minuten vor Kick-off, ist jedenfalls Endorphin-Ausschüttung at its best.Sie zeugt von der nahezu religiösen Verbindung zwischen Fans und Klub – die größte Parallele zu Rapid. Wie auch die allzeit hundertprozentige Leistungsbereitschaft des Teams (das Arbeiterklub-Image ist freilich spätestens seit der Übernahme durch die amerikanischen Eigentümer George Gillett und Tom Hicks nicht mehr aufrechtzuerhalten). Wie Rapid ist auch Liverpool nationaler Rekordmeister, seit heuer muss man sich diesen Titel allerdings mit dem erbitterten Rivalen Manchester United (je 18 Meisterschaften) teilen. Lächerliche vier Punkte fehlten nach 38 Runden auf den heißersehnten ersten Meistertitel seit 1990. Immerhin schlugen die Roten den Champions-League-Sieger 2008 sowohl zuhause (2:1) als auch auswärts, mit einem 4:1 im Old Trafford sogar demütigend hoch. Was zugleich ein phantastisches Jubiläum für den spanischen Liverpool-Trainerguru Rafa Benitez markierte – sein 100. Sieg in der Premier League. Unvergessene Duftmarken setzte man erneut  in der Champions-League: Als ungeschlagener Gruppenerster vor Atletico Madrid, Olympique Marseille und PSV Eindhoven spielte Liverpool 2008/09 seine erfolgreichste Gruppenphase aller Zeiten. Im Achtelfinale folgte mit einer sensationellen 4:0-Heimgala gegen Real Madrid der nächste Meilenstein. Endstation war erst im Viertelfinale nach einem weiteren historischen Match – dem 4:4 in Chelsea nach einer raren 1:3-Heimpleite im Hinspiel. Die neutrale „Gazzetta dello Sport“ jazzte den Thriller von der Stamford Bridge gar zum „Match des Millenniums“ hoch. Kein Wunder bei dieser Häufung von denkwürdigen Schlachten, dass die ersten Liverpool-Fans immer schon zweieinhalb Stunden vor Anpfiff der Heimspiele beim Spielereingang lauern. In ihrer persönlichen Hitparade ganz oben: Fernando Torres und Steven Gerrard. Für die beiden Superstars haben die Anhänger besonders fein gedrechselte Hymnen komponiert. Über Gerrard, den Kapitän und local hero mit dem Wahnsinnsschuß: „Steve Gerrard, Gerrard, can blast it from 40 yards, he’s big and he’s f.... hard, Steve Gerrard, Gerrard.“Die Ode an Fernando Torres, der vor einem Jahr das Happel-Stadion als 1:0-Goldtorschütze gegen Deutschland und damit als spanischer Europameister verließ, geht so: „We bought the lad from sunny Spain, he gets the ball, he scores again.“Wäre Torres nicht so oft verletzt gewesen, hätte Liverpool in der abgelaufenen Saison noch mehr erreichen können, glauben alle Experten. An Wertschätzung übertroffen wird Torres nur von Gerrard. Über den sagte erst kürzlich niemand geringerer als Zinedine Zidane: „Alle reden immer nur von den Giganten Ronaldo und Messi. In meinem Ranking ist Steven Gerrard top: Er pumpt die Spieler um ihn herum mit  so viel Selbstvertrauen voll. So was läßt sich nicht kaufen.“Die größten Erfolge des Liverpool FC5 Meistercup- bzw. Champions-League-Siege (1977, 1978, 1981, 1984, 2005)3 UEFA-Cup-Siege (1973, 1976, 2001)18 Mal englischer Meister7 Mal FA-Cup-Sieger7 Mal Ligacup-SiegerText: Andreas Jaros
28.07.2015
Verein