Rudolf Flögel erholt sich zur Zeit von einem Herzinfarkt, den er vor kurzer Zeit erlitten hat. Der Rapid-Legende geht es den Umständen entsprechend gut. Gegen Aston Villa möchte Flögel mit seinen Freunden aus dem Rapid-Legendenclub wieder unbedingt live im Stadion sein.Rudi, wie hat deine Rapid-Karriere begonnen?Als Kind habe ich bei einer Gassenmannschaft gespielt, dem FC Weißgerberlände. Wenn wir gewonnen haben, stießen wir mit Himbeersaft an, aber meistens mussten wir uns eh geschlagen geben. Niederlagen in der Höhe von 1:10 waren üblich. Dann spielten wir irgendwann mal ein Turnier gegen Rapid und die Austria, und so hat ein Kontakt den anderen ergeben. Ich hab’s zuerst bei den Violetten versucht, aber dort hat man mir mitgeteilt, ich soll noch ein paar Knödel essen. Bei Rapid bin ich aufgenommen worden. Und gleich in meinem ersten Spiel trafen wir auf den Trainingsplätzen gegen die Austria. Na, mehr Motivation hab ich nimma gebraucht! Ich hab denen gleich vier Tore gemacht, wir haben 11:1 gewonnen. Man sieht: Nur weil einer kleiner oder schwächer ist, heißt das noch lange nicht, dass er nicht kicken kann!Wie wurde damals trainiert?Bei uns hat’s unterm Trainer „Zapferl“ Wagner noch die Schusswand mit Nummern drauf zum Zielen gegeben. Und natürlich den Pendelball, den man durch die Gegend gekickt hat. Da hast dem Ball immer eine unterschiedliche Richtung geben müssen. Für mich als Stürmer war das ein super Training. Die Hauptaufgabe war Tore schießen, wenn ma dann gewonnen haben, war’s klass‘, wenn ma verloren haben, dann ham ma zumindest ein paar Tore geschossen. Zurück zum Training: Davon haben wir Burschen unheimlich profitiert. Den letzten Schliff bekam ich später von Trainer Robert Körner, unter dem wir uns etwa Filme von Brasilianern angeschaut haben, die mit Orangen zangeln. Ich hab‘ auch mit Hanappi, Happel, Giesser oder Riegler gespielt, da hast dir als Junger immer etwas abgeschaut. Wie verlief dein erster Einsatz in der Kampfmannschaft?Da möchte ich vorher noch Folgendes anmerken: Wir jungen Spieler hatten das Glück, dass es vor den Spielen der Kampfmannschaft immer ein Vorspiel gab. Da haben die Zuschauer gesehen: „Aha, der und der wird einmal was!“ Das war unser Glück, so sind wir auch bekannter geworden und waren nicht immer „plötzlich“ in der Kampfmannschaft. Das erste Spiel von mir war jedenfalls auf der Pfarrwiese, wir haben gegen Olympia mit 10:1 gewonnen. Das neunte Tor ist mir gelungen. Ich war damals 19 Jahre alt und mit mir in der Mannschaft standen bekannte Spieler wie die beide Körner-Brüder oder Riegler.Wie war das Verhältnis zu den anderen Spielern?Sehr gut. Mit den Alten waren wir immer per „Sie“. Es war etwa eine unglaubliche Ehre für mich, als mir irgendwann der Dienst das Du-Wort angeboten hat. Wir haben uns auch selbst erzogen, nicht wirklich einen Trainer gebraucht. Wenn’s was gegeben hat, sind wir nachher zusammen gesessen und haben uns ausgesprochen. Ihr wart ja damals auch viel unterwegs.Fast jede Woche waren wir in anderen Ländern, haben Freundschaftsspiele ausgetragen. Sowas gibt’s in dieser Intensität heute  nicht mehr. So sind wir Spieler noch enger zusammen gerückt, haben uns besser gekannt, als die eigenen Frauen. Zwischen uns hätte kein Blatt Papier gepasst, weil sich jeder auf den anderen verlassen konnte, wir eine Einheit waren. Da gab es auch keinen Neid oder Zorn. Wenn bei großen Reisen, etwa in Südamerika, die alten Spieler in der Sonne gelegen sind –haben halt wir Jungen gespielt und unsere Chancen ergriffen.Wer waren bei Rapid so deine Idole?Das waren Riegler, die beiden Körner-Brüder, Dienst, Giesser oder Haller. Da hat’s viele gegeben. Als ich dann als Spieler bekannt war und schon älter, da war’s plötzlich umgekehrt, und ich war für viele ein Vorbild. Umgekehrte Rollen also. Ich hab auf meinem Mantel immer lauter Flecken von den Filzstiften der Leute ‘rauf gekriegt, die alle ein Autogramm wollten (lacht). Und auch der junge Hans Krankl hat sich von mir eine Signatur geholt!Wie kommt’s bei einem Rapid-Urgestein wie dir, dass sich dein Sohn Thomas Flögel mit dem violetten Stadtrivalen identifizierte?Ich war untertags immer in der Bank arbeiten, und fuhr nachher nach Hütteldorf zum Training. Ich war also nicht so oft zuhause. Meine Frau ist dann mit meinem Sohn immer ins Stadionbad gegangen und direkt daneben hat die Austria trainiert. So hat er sich für die Anderen zu interessieren begonnen. Als er dann amal mit einem violetten Schal nach Hause gekommen ist, war ich schon sehr…überrascht. Aber verbieten wollt ich’s ihm nicht, jeder soll zu den Dingen stehen, mit denen er sich identifiziert.Du warst also immer doppelt aktiv?Ja, schon als junger Spieler wollt ich mir was dazu verdienen, und hab dann auf der Pfarrwiese das Unkraut zwischen den Bänken ausgerissen. Oder die Schuhe geputzt. So kam ich aber immer ins Blickfeld der älteren Spieler und war dann bei den Trainings dabei. Irgendwann hat der Happel dann gerufen: „Nehma den Buam mit!“. Später arbeitete ich dann bei einer Bank, und fuhr nach der Arbeit immer zum Training. Das hat ganz schön geschlaucht. Aber ich wollte nebenbei tätig sein, mir etwas aufbauen, nicht geistig verkümmern.Eine Karriere für Rapid – das trifft ja auch auf dich zu.Ja, ich war meine ganze Zeit als Spieler bei Rapid, von der Jugend an, bis in die Kampfmannschaft. Ich habe immer viele Tore geschossen. Im Inland gab’s für mich nur Grün-Weiß und ans Ausland hat man damals noch nicht so gedacht, da gab’s noch eine „Auslands-Sperre“. Als diese dann aufgehoben wurde, war ich schon zu alt, um nochmal zu wechseln, also bin ich weiter bei Rapid geblieben. Als Trainer verschlug es mich dann aber schon zu anderen Vereinen, wie Simmering, Neusiedl oder Mödling. Ich wäre später gerne zu Rapid zurück gekehrt und hätte die Jugend trainiert, aber leider kam mir vom Verein nie jemand entgegen. Sehr schade.Verfolgst du deinen Verein auch heute noch?Sicher. Ich erkenne viele Parallelen zu damals: Auf der Pfarrwiese hatten die Gegner regelmäßig die Hosen voll, wenn sie im Spielergang standen. Ich glaube, dass das unser „12. Mann“ heute auch im Hanappi-Stadion schafft. Auch jetzt haben wir einige tolle junge Spieler, die es ganz nach oben schaffen können, wenn sie gefördert werden, etwa Kavlak oder Drazan. Und auch jetzt sind die Gegner dreifach so motiviert, wenn es gegen das große Rapid geht: Die provozieren und klopfen dich ab, fast schon gemeingefährlich. Aber als Rapidler darf man nicht wehleidig sein. Da muss man dagegen halten und den Verein stolz repräsentieren.(am/gub)
28.07.2015
Verein