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31.08.2015
Profis

Alles Gute, Kapitän: Steffen Hofmann im Interview

Zum sechsten Mal in einer europäischen Gruppenphase

Gestern feierte Steffen Hofmann seinen 35. Geburtstag. Zweimal wurde er Meister mit Rapid (2005, 2008), zum bereits sechsten Mal konnte sich eine grün-weiße Mannschaft unter seiner Führung als Kapitän heuer für eine Gruppenphase (Champions League 2005, Europa League 2009, 2010, 2012, 2013 und nun eben 2015) qualifizieren. Anlässlich des Relaunch von skrapid.at stand der von den Fans seit Jahren als "Fußball-Gott" geadelte Deutsche, der längst eine grün-weiße Legende wurde und zudem Rekordspieler und –torschütze von Rapid in Europacup-Spielen ist, für ein ausführliches Interview zur Verfügung.

"Mit Saisonstart dürfen wir sehr zufrieden sein"

skrapid.at: Ungeachtet der unerwarteten und durchaus schmerzhaften Niederlage gegen Mattersburg am Samstag geht Rapid als Tabellenführer in die Länderspielpause und konnte sich nach einem Jahr Pause wieder für eine europäische Gruppenphase qualifizieren und mit den Spielen gegen Ajax und Donetsk auch international für Aufsehen sorgen. Gibt es aus Deiner Sicht etwas auszusetzen?
Steffen Hofmann: Das letzte Match gegen Mattersburg nehme ich jetzt natürlich aus, aber grundsätzlich dürfen wir sehr zufrieden sein. Wir haben in der Liga einen Super-Job gemacht und im Europacup gegen zwei richtig starke Mannschaften tolle Auftritte hingelegt. Gegen Shakhtar Donetsk hat uns zum Ende hin vielleicht ein bisschen das Glück gefehlt, das uns andererseits beim Match in Amsterdam durchaus zur Seite stand. Auch im ÖFB-Cup sind wir ganz souverän weitergekommen und in Summe dürfen wir daher mit dem bisherigen Saisonverlauf schon recht zufrieden sein.

Bleiben wir vorerst bei der Europa-League: Die Auslosung hat mit Gegnern aus Spanien (Villareal), Tschechien (Viktoria Plzen) und Weißrussland (Dinamo Minsk) eine recht interessante Gruppe gebracht. Was hältst Du von dieser Gruppe und mit welcher Zielsetzung geht Ihr als Mannnschaft diese Aufgabe an?
Bislang haben wir naturgemäß noch nicht allzu viel Informationen über diese Gegner, aber da wird uns das Trainerteam wie gewohnt zeitgemäß perfekt und detailliert darauf vorbereiten. Natürlich haben wir alle gesehen, dass Minsk nicht so schlecht sein kann, denn wer zuerst Zürich und dann Salzburg eliminiert, muss gewisse Qualitäten haben. Villareal aus der immens starken Premiera Division ist sicher Favorit, zwischen uns und den Sportkameraden aus Pilsen wird es sicher ein hartes Rennen um Platz 2 werden.

"Das erste Mal Kazan war ein absoluter Wahnsinn, unvergesslich bleibt der Aufstieg in Moskau"

Du bist mit weit über 60 Einsätzen und 22 Toren der Europa-Cup-Rekordinhaber in der langen und ruhmreichen Rapid-Geschichte. Wird diese Europa-League-Gruppenphase noch einmal ein echtes Highlight für Dich und überwiegt nicht etwas die Wehmut, dass es doch nichts mit der Qualifikation für die Königsklasse wurde?
Natürlich wäre es für jeden einzelnen Spieler und den gesamten Verein wunderbar gewesen, in der Champions League zu spielen. Sportlich gesehen sind wir aber vielleicht heuer in der Europa League noch besser aufgehoben, auch wenn das nicht alle hören wollen. Ich glaube, dass wir dieses Mal eine wirklich gute Chance haben, im Bewerb zu überwintern und dafür werden wir definitiv alles geben!

Europacup-Spiele sind immer etwas Besonderes, auch für Dich mit Deiner ganzen Erfahrung. Was waren Deine herausragenden Erlebnisse auf internationalem Parkett, egal ob vor eigenem Publikum oder auswärts?
Da gibt es wirklich sehr viele Highlights. Für mich persönlich war vor allem das erste Mal in Kazan ein echter Wahnsinn! Damals war alles noch etwas kleiner, wir sind samt Fans nur mit einem Flieger hingeflogen und schließlich samt fast eintägiger Verspätung auch wieder retour. Das war ein absolut einmaliger Ausflug, zudem konnten wir bekanntlich eine 0:2-Heimniederlage noch umdrehen und sind mit einem 3:0-Sieg weiter gekommen. Aber auch die beiden Playoff-Duelle gegen Aston Villa bleiben mir unvergesslich und ganz besonders das Auswärtsmatch bei Lokomotive Moskau vor zehn Jahren mit der erfolgreichen Qualifikation für die Champions League. Doch auch die heurigen Spiele gegen Shakhtar und Ajax reihe ich ganz weit oben ein, die waren sehr emotional und auch richtig gut.

"So lange es mir gut geht, möchte ich spielen"

Stichwort emotional: Emotionen dürften in der Familie Hofmann überhaupt gut verteilt worden sein. Ganz Europa hat Deine Tochter Emily mitleiden sehen, das Video von ihr in Donetsk nach dem 2:2 sorgte im Internet für echte Furore. Ist sie mittlerweile wieder getröstet?
Nicht nur sie, sondern beide Töchter haben nach dem Match bitterlich geweint, was das Ausscheiden auch für mich doppelt hart gemacht hat. Emily ist ein sehr emotionales Kind, das ist oft sehr schön, aber wenn es darum geht, Hausaufgaben zu machen, sind ihre Emotionen oft etwas fehlt am Platz (lächelt).

In den Ferien konnten Dich Deine Kids zu den Auswärtsspielen begleiten, wie wird das die fußallbegeisterte Familie Hofmann in den nächsten Monaten lösen?
Es ist natürlich sehr schön, dass die Kinder zum Ende meiner Karriere solche Highlights auch selbst miterleben konnten. Aber jetzt beginnt leider wieder die Schule, da wird es eher schwierig.

Du sagst fast flapsig den Satz „am Ende meiner Karriere“: Hast Du gar schon entschieden, dass es Deine letzte Saison ist oder dürfen die Rapid-Fans weiter hoffen, Dich noch länger im grün-weißen Trikot zu bewundern?
Das habe ich definitiv noch nicht entschieden. Bis zum Ende dieser Saison, die hoffentlich sehr erfolgreich für uns zu Ende gehen wird, ist noch einige Zeit. Danach werden wir uns zusammen setzen und besprechen, wie es weiter gehen wird.

Nimmst Du Dir da vielleicht nicht auch internationale Vorbilder. Es gibt ja auch jetzt noch einige echte Legenden, die bis weit über 35 Jahre und in den stärksten Ligen der Welt eine wichtige Rolle spielten oder noch immer spielen.
Ich schaue einfach, wie es mir geht. So lange es mir gut geht, möchte und werde ich spielen. Sobald ich aber merke, dass ich den Jungs nur mehr im Weg stehe, lasse ich es definitiv sein.

"Sehe Rapid auf einem sehr guten Weg"

Bekannt ist aber, dass Du trotzdem schon länger über Deine Zeit nach der aktiven Laufbahn nachdenkst und zudem auch einen Anschlussvertrag bei Rapid hast. In welche Richtung soll es gehen?
Ich habe sowohl in der Trainerausbildung als auch für Managementaufgaben begonnen mich weiterzubilden. Zudem versuche ich auch im Verein mir einiges anzuschauen und habe das auch schon gemacht, zum Beispiel bei Terminen bei Sponsoren. Wenn es an der Zeit ist, werden wir gemeinsam entscheiden, was für mich, aber auch den Klub, die beste Lösung ist.

Wie siehst du generell die Entwicklung bei Rapid? Nach dreizehn Jahren als Spieler gibt es schließlich keinen anderen in der Mannschaft, der dies besser beurteilen könnte.
Momentan herrscht fast Euphorie und bin ich auch der Meinung, dass sehr viel in eine positive Richtung läuft. Wir sind natürlich ein sehr, sehr emotionaler Verein und wenn es bei uns gut läuft, sind alle positiv aus dem Häuschen. Wenn es hingegen schlecht läuft, glaubt man rasch, die ganze Welt geht unter. Mit einem gewissen Alter betrachtet man das etwas gelassener. Prinzipiell sehe ich den Verein auf einem sehr guten Weg, vor allem auch mit dem Neubau des Allianz Stadions und natürlich auch der positiven sportlichen Entwicklung unserer doch noch immer recht jungen Mannschaft! Ich hoffe, dass es so weitergeht, der Klub weiter so gut arbeitet und die Spieler weiter so gute Leistungen abliefern.

Über soziales Engagement: "Haben Verpflichtung zu helfen"

Wie schätzt Du die Lage in der Liga nach fast einem Viertel der Saison ein?
Ich sehe die Situation ähnlich wie vor Meisterschaftsbeginn. Bei Salzburg haben wir gewusst, dass es einen großen Umbruch gibt, aber dort gibt es nach wie vor die größten wirtschaftlichen Möglichkeiten. Bei uns sieht es so aus, dass wir sicher nach wie vor gut unsere Ergebnisse liefern können, auch wenn uns Robert Beric, der für uns ein überragender Spieler ist, verlassen würde.

Abseits des Sports ist von Dir bekannt, dass Du Dich regelmäßig für karitative Zwecke engagierst. Egal ob für die Gruft und auch im Bereich der Hilfe für Flüchtlinge. Warum ist Dir das besonders wichtig?
Es geht uns in Österreich fast allen recht gut, vor allem uns Fußballern geht es definitiv sehr gut. Auf der anderen Seite gibt es viel zu viele, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind, sowohl in Österreich, daher mein Engagement für die Gruft, aber natürlich weit über unsere Grenzen hinweg. Spätestens nach der letzten Woche wissen wir alle, dass Menschen auf der Flucht sind, denen es richtig schlecht geht. Da haben wir einfach eine Verpflichtung zu helfen, wenn Menschen um ihr Leben fürchten müssen.

(pk)

Der Kapitän im Interview mit Andy Marek für die letzte August-Ausgabe der TV-Sendung Rapidviertelstunde - ungekürzt und damit in doppelter Länge!