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22.03.2020
Corona, Verein, Geschichte

Spielbetrieb unterbrochen: Ein Rückblick

Auch an diesem Wochenende wäre normalerweise zu einem neuerlichen Spieltag in Österreich angepfiffen worden - doch was ist schon normal in diesen Tagen. Die Situation erfordert es, dass unser aller Leben eingeschränkt ist und neben vielen, für uns selbstverständlichen Dingen, auch der Fußball pausiert. So hätte uns der heutige Sonntag etwa das Heimspiel gegen Sturm Graz nach Hütteldorf gebracht - eine Begegnung, für die wir vor kurzem noch die Planungen begonnen hatten, die aber nun, nur etwas mehr als eine Woche später, bereits weit aus der Wahrnehmung verdrängt wurde. Somit bleibt das bislang letzte Pflichtspiel das 2:2 beim WAC (7. März), was angesichts der sich ändernden Prioritäten und des verschiebenden Zeitgefühls auch schon wieder viel länger zurückzuliegen scheint. Dabei ist die momentane Phase nicht das erste Mal, dass die reguläre Meisterschaft unterbrochen werden musste - wir haben zusammen mit rapidarchiv.at in unsere Vereinsgeschichte zurückgeschaut und liefern euch hier einen Überblick:

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Unterbrechungen im Spielbetrieb gab es seit Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder, aber eine derart lange Zwangspause hat auch für uns Seltenheitswert. Der häufigste Grund dafür, dass Spiele nicht stattfanden, betraf in der Vergangenheit meist die Wetterbedingungen. So sorgten vor allem Regen und Schnee und die damit verbundenen schlechten Platzverhältnisse für Absagen.

Absage der Herbstmeisterschaft nach Kriegsbeginn 1914

Längere Zwangspausen zogen aber vor allem politische Ereignisse nach sich. So wurden im Juli 1914 nach Ausbruch des 1. Weltkriegs sämtliche Sportveranstaltungen in Österreich abgesagt. Im restlichen Jahr 1914 fanden dann überhaupt keine Meisterschaftsspiele mehr statt. Stattdessen gab es Freundschaftsspiele und Benefizspiele zugunsten der Kriegsfürsorge. Im Frühjahr 1915 wurde der Meisterschaftsbetrieb mit neun Runden wieder aufgenommen. Meister wurde damals der WAC, Rapid belegte Platz 3.

Bis zum Kriegsende 1918 fanden die Meisterschaften wieder komplett mit 18 Runden mit Hin- und Rückspiel statt - mit großem Aderlass, mussten doch alle Vereine kriegsbedingt auf viele ihrer Spieler verzichten und konnten fast nie mit ihrer stärksten Elf antreten. Wie alle anderen Wiener Klubs verzeichnete auch unser Verein schmerzliche Verluste unter seinen Mitgliedern, darunter Stützen wie Torhüter Gustav Kreiner, die Verteidiger Anton Wegscheider und Oskar Krampf sowie Läufer Sebastian Robausch und Stürmer Josef Schediwy.

Kein Fußball-Stopp wegen "Spanischer Grippe"

Noch vor Kriegsende brach in Wien zu allem Überfluss die Spanische Grippe aus, der weltweit bis zu 50 Millionen Menschen zum Opfer fielen. In Österreich waren rund 21.000 Todesopfer zu beklagen. Damals starben an dieser Krankheit vor allem jüngere Menschen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Prominentestes Opfer in Wien war wohl der berühmte Maler Egon Schiele, der im Oktober 1918 nur 28-jährig an der Spanischen Grippe starb. Aufgrund der aktuellen Kriegsentwicklungen wurde in den Zeitungen über die Grippe trotz deren massiver Auswirkungen nur im Blattinneren berichtet. Als Maßnahmen wurden etwa ab 8. Oktober 1918 von Bürgermeister Richard Weiskirchner die Städtischen Schulen geschlossen.

Am 20. Oktober folgte eine Sperrung für Theater, Konzertsäle und Vergnügungslokale, aber die Fußballspiele fanden weiterhin statt. So kam es 13. Oktober 1918 auf der Pfarrwiese zum Duell zwischen Rapid und den Amateuren, das die Violetten mit 2:1 für sich entschieden. Im "Fremdenblatt" wurde etwa unter anderem berichtet: "Die zahlreichen Rapid-Anhänger ließen es an Missfallenskundgebungen nicht fehlen."

Auch im nahe gelegenen Budapest wurde Fußball gespielt, Pferderennen wurden dagegen abgesagt. Gegen Ende des Monats flaute die Grippe stark ab, sodass die getroffenen Maßnahmen wieder zurückgenommen werden konnten.

Ligapause für Rapid nach dem Einmarsch 1938

Knapp 20 Jahre später kam es wieder zu einer längeren Meisterschaftspause in hierzulande. Infolge des Einmarsches der deutschen Truppen wurden am 13. März 1938 zunächst sämtliche Sportveranstaltungen verschoben. Nach dem 2:0-Sieg auf dem Wacker-Platz gegen den FC Wien am 12. April 1938 trat Rapid über zwei Monate zu keinem Meisterschaftsspiel mehr an, weil die Grün-Weißen nach dem Anschluss an Deutschland zahlreiche Spiele im "Altreich" zu absolvieren hatten.

Aufgrund des großen Vorsprungs in der Tabelle wurde Rapid in Abwesenheit Meister. Nach dem 2:2 zwischen dem Wiener Sportclub und Wacker standen die Grün-Weißen am 15. Mai 1938 zum 12. Mal als Champion fest. Die drei noch ausständigen Spiele wurden dann erst vom 16. Juni bis zum 3. Juli nachgetragen.

Meisterschaftsabbruch 1945

Zum bisher einzigen Abbruch der Meisterschaft kam es im Frühjahr 1945. Grund dafür waren die Kampfhandlungen am Ende des 2. Weltkriegs und vor allem die immer stärker werdenden Bombenangriffe auf Wien. Nach Beendigung der Herbstsaison der Gauliga führte Rapid die Tabelle punktegleich mit Wacker an. Der endgültige Abbruch erfolgte im März 1945. Das letzte Heimspiel am 25. März 1945 verlor Rapid auf der Pfarrwiese gegen den FAC mit 1:2.

Der 2. Weltkrieg forderte auch bei Rapid zahlreiche Opfer. Rapid-Namensgeber Wilhelm Goldschmied wurde ebenso im KZ ermordet wie der ehemalige Stürmer Alfred Dünmann. Andere fielen Kampfhandlungen zum Opfer, darunter Johann Luef, Josef Madlmayer, Engelbert Uridil, Josef Frühwirth, Karl Hochreiter, August Fellner oder Josef Adelbrecht - all sie waren zu diesem Zeitpunkt ehemalige oder aktuelle Rapidler.

Erst nach der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 wurde wieder Fußball gespielt. Das nächste Rapid-Spiel wurde am 13. Mai 1945 auf dem Sportclub-Platz gegen Helfort (4:3) ausgetragen. Danach fanden weitere Freundschaftsspiele und Turniere statt, der Ligabetrieb wurde aber nicht wieder aufgenommen. Die Meisterschaft 1945/46 startete dann Anfang September, Rapid gewann dabei auf dem WAC-Platz gegen Ostbahn XI mit 9:1 und wurde in der ersten Saison nach dem Krieg auch Meister und Cupsieger.

Seitdem kam es - abgesehen von vereinzelten Verschiebungen wegen Wintereinbrüchen - bis heute zu keinen länger andauernden Unterbrechungen in Österreich. Nach dem kürzlichen Entscheid der Bundesliga mit den Vereinen befinden wir uns nun in einer längeren Phase ohne Fußball, die vorerst bis Mai andauern wird. Selbst wenn uns das wohl allen schwer fällt: Der Lauf der Geschichte hat auch hier gezeigt, dass es irgendwann wieder weitergehen wird.

Oster-Geschenktipp: Einen Blick zurück in unsere Vereinsgeschichte, von den Anfängen bis zur Gegenwart, findet ihr in der offiziellen Rapid Chronik, Band III!

Fotos: Red Ring Shots/Faksimiles.

(gub/gp)