Die Geschichte des tschechischen Fußballs begann in Prag, der mit Abstand größten Stadt des Landes. Goethe nannte Prag einmal den „schönsten Edelstein in der steinernen Krone der Welt“. Es ist nicht möglich von einem „Prager“ Fußball zu sprechen, eher vom tschechischen, vom deutschen oder von einem jüdischen Fußball in Prag. Durch die zentrale Lage Prags war es Anziehungspunkt für Menschen aus aller Welt. Neben britischen Kaufleuten, die das Spiel Ende des 19. Jahrhunderts in die tschechische Hauptstadt brachten, waren es laut Berichten der Zeitung „Cyklista“ vor allem „Fußball-Übungen“ des deutschen „Radfahrklubs“, die das Spiel mit dem runden Leder in Tschechien so beliebt gemacht haben. Rasch konnte sich der Fußball an der Moldau etablieren. In den 1890er Jahre entstanden folgende Vereine: 1891 wurde der AC Prag gegründet, 1893 Sparta und Slavia. In der Regel gründeten Schüler, Studenten und Angehörige der kleinen tschechischen Bürgerschicht diese Vereine. In den zwanziger Jahren wollten die Prager Fußballteams den europäischen Fußball revolutionieren. 1920 bei den olympischen Spielen in Antwerpen drang die Landesauswahl bis ins Finale vor. Beim Mitropacup, der 1927 erstmals ausgetragen wurde, kam es zum großen Finale Rapid gegen Sparta. Der Mitropacup, der Vorgänger des Europacups hatte alle elektrisiert. Der Cup war von Anfang an als ökonomische Hilfe für die Vereine geplant. Schließlich waren nur der Meister und der Cupsieger berechtigt an diesem teilzunehmen. Österreich, Ungarn, die Tschechoslowakei, Italien und Jugoslawien sollten um die Trophäe des Mitropacups kämpfen.  Im Hinblick auf diesen musste sich Rapid unbedingt verstärken. Bereits im März holte man den Defensivmann Karl von Baumgarten und im Sommer stieß Hansi Horvath, ein populärer Stürmer der Simmeringer, zu Grün Weiß. In der ersten Runde schaltete man den jugoslawischen Meister Hajduk Spalato mit einem Gesamtscore von 9:1 aus. In der nächsten Runde bescherte das Los Slavia Prag als Gegner, die zu dieser Zeit als sehr gefürchtet galten. 18.000 Tschechen gingen nach der ersten Partie unzufrieden nachhause. Der Grund: Rapid erkämpfte ein 2:2. Vier Tage später schaltete Rapid den großen Mitfavorit tatsächlich aus. 32.000 Zuschauer auf der Hohen Warte waren Zeuge, als man Slavia mit 2:1 besiegte. Rapid stand als Finalist fest. Gegen Sparta hatte man zu diesem Zeitpunkt keine gute Statistik: In zehn Aufeinandertreffen gab es nur einen einzigen Rapid Sieg zu vermerken. Datiert vom 1. Juni 1925. Damaliger Endstand: 3:1. Und auch im Finale sollte es nicht klappen. Zwar konnte man im Hinspiel mit 2:1 vor 40.000 Fans gewinnen, nach dem vorausgehenden 2:6 in Prag hätte es allerdings eines Wunders geglichen, wenn Rapid den Pokal doch noch geholt hätte. Das „Sport-Tageblatt“ vom 15. November 1927 veröffentlichte folgenden Artikel (Anm.: Zwei Tage nach dem 2:1 Heimsieg): „Nach dem großen Cup-Finale. Eine große Tat Rapids war die Bezwingung der Prager Sparta auf jeden Fall, denn nur zu viele haben es versucht, den tschechischen Meister zu bezwingen, aber nur wenigen ist es gelungen.Und zu diesen wenigen gehört jetzt der Sport-Club Rapid, dessen Leute mit bewundernswerter Treue kämpften. Jeder ging weit über seine Möglichkeiten hinaus und so konnten die Hütteldorfer, von denen fast kein einziger Mann den Vertreter des gleichen Postens auf der Gegenseite überragte, einen Sieg erringen, der keineswegs als unverdient gelten kann.“ Chance zur Revanche gab es in der Saison 1929/30. 40.000 waren auf die Hohe Warte gekommen, um den großen Coup zu sehen. Nach einem 2:0 Auswärtserfolg musste es endlich mit dem Mitteleuropa-Cup klappen. Und es klappte: Die Tschechen gewannen das Rückspiel mit 3:2, aber das Endergebnis lautete: 4:3. „Nun gab es für Rapid alle Ehren, die einem Fußballverein zuteil werden konnten. Der ehemalige kleine Arbeiterverein hatte eine ungeheure Popularität erreicht. Wieviel Training und jahrelange Arbeit waren notwendig, einen solchen Erfolg zu erringen!“, so die Rapid-Chronik. Sparta wurde dann zwar zwischen 1932 und 1946 noch vier Mal Meister, dennoch ist es müßig zu fragen, was aus dem tschechischen Fußball geworden wäre, hätte es die Weltgeschichte ein bisschen besser mit den Tschechen und Slowaken gemeint. Slavia Prag hatte gerade zum dritten Mal den Mitropacup an die Moldau geholt, als der Vielvölkerstaat 1938 auf der Münchner Konferenz "demontiert" wurde. Das, was von Böhmen und Mähren übrig blieb, kam unter deutsches Protektorat. Dies bedeutete den Verlust der Selbstständigkeit. Für den tschechischen Fußball kam es somit zu einer unglaublichen Zäsur, von der er sich nie erholen sollte. Sparta und Slavia, die zwei Großen des tschechischen Fußballs, waren nur noch ein Schatten ihrer selbst.zu Teil 2: Tschechische Legionäre bei Rapid und die Entwicklung des tschechischen Fußballs: Vom EM-Wunder 1976 bis zu Korruption und Zuschauerschwund.(chb)
28.07.2015