„Der Pokal war wahnsinnig schwer“
skapid.at: Starten wir mit einer Zeitreise: Wie frisch sind deine Erinnerungen noch an den 5. Juni 1995?
Michael Hatz: Als wäre es gestern gewesen. Ein absolutes Highlight, welches ich nie in meinem Leben vergessen werde. Die Saison 1994/95 war generell sehr speziell für uns. Ein paar Jahre zuvor haben wir erst ein Cup-Finale gegen einen Zweitligisten verloren, umso größer war in diesem Endspiel auch die Erwartungshaltung. Das Finale gegen Leoben war ein richtig schwieriges Spiel für uns, wo spürbar war, wie viel Druck auf uns lastete. In einem Finale geht es nie um das „wie“, sondern einfach nur darum das Spiel zu gewinnen und das ist uns zum Glück dann 1995 gelungen.
Nur die wenigsten können sich vorstellen, was nach Abpfiff eines Finalspiels in einem Spieler vorgeht. Vertiefen wir dein Erinnerungsvermögen und erzähl´ uns, wie die Gefühlslage aussieht, wenn man den Pokal dann in den eigenen Händen hält?
Der erste Gedanke war, dass der Pokal wahnsinnig schwer war. (lacht) Vom Schlusspfiff bis zum Moment der Pokalübergabe hatte ich am ganzen Körper eine Gänsehaut, unfassbar. Es war so ein befreiendes Glücksgefühl, endlich einen Titel gewonnen zu haben. Auch 28 Jahre später bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich all´ diese Momente Revue passieren lasse.
…wie hast du damals auch die Reaktion der Fans auf den Finalsieg wahrgenommen?
Die ganze Saison war so eine Art „Wiederauferstehung“. Im Laufe der Saison hat man gemerkt, dass unsere Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben, unseren Fans gefallen hat und immer mehr ZuschauerInnen zu unseren Spielen ins Stadion kamen. Der Cup-Titel war zugleich auch eine Initialzündung für die darauffolgende Saison, wo wir dann auch den Meistertitel nach Hütteldorf bringen konnten und im Europacup-Finale waren.
Der ÖFB-Cup-Titel 1995 war zugleich dein erster großer Erfolg als Spieler. Welchen Stellenwert hat dieser Titelgewinn auch 28 Jahre später noch bei dir?
Der Titel 1995 hat einen unglaublich großen Stellenwert. Insbesondere auch deswegen, weil wir durch den Cup-Titel für den Europacup der Cupsieger qualifiziert waren. Darauf basiert auch mein Buch „Mit Leidenschaft zum Lebenstraum“.
Reisen wir aus der Vergangenheit in die Gegenwart: Knapp Zweijahrzehnte später stehst du erstmals in deiner Funktion als Präsidiumsmitglied im Endspiel des nationalen Pokals. Kribbelt es auch schon bei dir?
Und wie! Rapid ist meine Familie, dementsprechend fiebere ich auch bei jedem Spiel mit, bei einem Finale nochmal deutlich mehr. Es herrscht eine sehr positive Grundstimmung im Verein und jeder freut sich auf das morgige Spiel.
Ähnlich wie 2017 und 2019 dürfte es am Sonntag wieder einer Völkerwanderung gleichen, wenn tausende Rapid-Fans sich auf den Weg Richtung Wörthersee machen werden. Lässt sich erahnen, was da am Sonntag in Klagenfurt stimmungsmäßig auf uns zukommen wird?
Es treffen die beiden Mannschaften mit den besten Fans in Österreich aufeinander. Die Finalpaarung hätte somit nicht besser sein können. Für alle, die am Sonntag im Stadion mit dabei sein können, wird es ein unglaubliches Erlebnis sein. Uns erwartet ein absolutes Highlight-Spiel im österreichischen Fußball. Klar ist auch, dass unsere Fans die Mannschaft richtig laut unterstützen werden, dass pusht dich als Spieler auch nochmals mehr.
In einem Finalspiel entscheidet oftmals die Tagesverfassung. Aufgrund deiner Erfahrungen, welche Tipps würdest du unseren Spielern mit auf den Weg geben?
Die Spieler sollen die positive Energie, die im und rund um den Verein herrscht, aufsaugen und mit ins Spiel nehmen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es einfacher gesagt als getan ist, aber eine gewisse Lockerheit ist auch ganz, ganz wichtig. Ein jeder muss sein Herz am Platz lassen, das klingt sehr banal, aber es gibt die Möglichkeit, etwas Historisches zu schaffen. Die Spieler haben sehr hohe Qualitäten, an die sie glauben und auf den Platz bringen müssen.
Was würde der 15. Cuperfolg in der Vereinsgeschichte bedeuten?
In der aktuellen Situation wäre ein Titel für den gesamten Verein ungemein wichtig. Wir befinden uns gerade in einem Umbruch, zudem waren die letzten Jahre mit der Pandemie alles andere als einfach. Die aktuelle Situation in der Meisterschaft ist auch keine einfache, umso wichtiger wäre also der Cupsieg. Dadurch könnte eine ganz besondere Dynamik entstehen und auch der Prozess der Weiterentwicklung des Vereins würde durch einen Titelgewinn nicht nur vereinfacht, sondern auch beschleunigt werden.
Fotos: GEPA