125 JAHRE SK RAPID
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25.03.2022
Verein, Profis

„Ich bin auf einem guten Weg“

skrapid.at: 838 Tage ohne einem Pflichtspiel für die Profis. Über zwei Jahre hast du immer wieder mit schweren Verletzungen zu kämpfen gehabt. Was macht diese lange Leidenszeit mit einem Spieler?

Sehr viel! Man verändert sich, nicht nur aufgrund der Verletzung, sondern weil man eben auch älter wird in dieser Zeit. Es wird einem wieder bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist, wenn man tagtäglich fit auf dem Platz stehen kann.

Kaum war für dich ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen, tauchte erneut eine Verletzung auf. Vor allem in Bezug auf die mentale Komponente, wie belastend waren diese Phasen für dich?

Im Moment des erneuten Rückschlags war es sehr hart. Über eineinhalb Jahre habe ich täglich in der Kraftkammer am Comeback gearbeitet, habe gemeinsam mit der medizinischen Abteilung viel Energie in den Reha-Prozess investiert, dann kommt mit den ersten Mannschaftstrainings auf dem Platz ein Erfolgserlebnis - vom Gefühl her dachte ich, jetzt geht es wieder bergauf. Dann mein erster Pflichtspieleinsatz bei Rapid II gegen den FAC, doch nach einer Viertelstunde war das Comeback wieder vorbei und ich wusste sofort, dass ich jetzt wieder einige Wochen ausfallen werde. Da ist es mir sehr zugute gekommen, dass ich mental einfach sehr gefestigt bin, somit konnte ich auch mit der Situation relativ rasch gut umgehen. 

Viele Stunden verbrachte Schobi in der Kraftkammer für den Reha-Prozess.

Apropos mental gefestigt: Mario Sonnleitner hat einmal bei einem Rapid TV-Interview gesagt, wenn er sich eine Fähigkeit von einem seiner Mitspieler aussuchen könnte, die er gerne selbst hätte, dann wäre es die mentale Stärke von Philipp Schobesberger.

(lacht) Sonni weiß anscheinend, welche Fähigkeiten gut sind. In der Hinsicht unterscheide ich mich schon sehr von vielen anderen Spielern, ich ticke da einfach etwas anders. Der Sonni ist mir da aber sehr ähnlich.

Nach dieser Verletzungsmisere würden viele Spieler wahrscheinlich auch ein Karriereende in Erwägung ziehen. Eine Option, die für dich wohl nie zur Debatte stand, oder?

Nein! Maximal waren es temporäre Gedanken, ein bis zwei Stunden, aber die waren umso schneller wieder weg. Wirklich ernsthaft darüber nachgedacht habe ich nie. Vielmehr habe ich den Fokus neu und meine Gedanken aufs Comeback ausgerichtet.

Mir macht das Fußballspielen nach wie vor enorm viel Spaß, ich glaube auch, dass ich es während meiner Verletzungspause nicht verlernt habe, ich kann es noch ganz gut, von dem her muss jetzt nur noch der Körper mitspielen.
Philipp Schobesberger

Immer wieder ist die Rede davon, dass man mit 28 Jahren im besten Fußballeralter ist. Du hast im vergangenen Dezember deinen 28. Geburtstag gefeiert. Der richtige Zeitpunkt also, um noch einmal voll durchzustarten.

(schmunzelt) Wenn man das so sagt, dann ist es so. Mir macht das Fußballspielen nach wie vor enorm viel Spaß, ich glaube auch, dass ich es während meiner Verletzungspause nicht verlernt habe, ich kann es noch ganz gut, von dem her muss jetzt nur noch der Körper mitspielen. 

Kommen wir zur Gegenwart. Beim Rückspiel in der UEFA Conference League bei Vitesse Arnheim hast du, zur Freude aller Rapid-Fans, dein Comeback gefeiert. Wie waren diese knapp zehn Minuten für dich auf dem Feld?

Sehr besonders. Genau auf diesen Moment habe ich sehr lange hintrainiert, wieder für die Profis spielen zu können. Letztendlich war ich dann aber doch mehr enttäuscht, weil wir das Spiel verloren haben und ausgeschieden sind. 

Comeback: Im UECL-Rückspiel bei Vitesse Arnheim setzte Schobi nach seiner Einwechslung prompt spielerische Akzente.

Bemerkenswert dabei: als Zuschauer hatte man prompt den Eindruck, dass es sobald du am Ball warst, gefährlich werden könnte. Wie viel fehlt dir noch, um wieder auf dein altes Level zu kommen?

Ich fühle mich aktuell sehr gut, kann nun schon seit mehreren Wochen jede Einheit mit der Mannschaft mitmachen und habe dabei keine Beschwerden. Ich bin auf einem guten Weg - die letzten Prozent, die vielleicht noch fehlen, erreicht man nur über die Spielpraxis. Genau um das geht es jetzt bei mir auch, stetig immer mehr Spielzeit zu bekommen.

In einer sehr jungen Mannschaft zählst du mittlerweile zu den Führungsspielern, hast nach deinen bisherigen Einwechslungen auch immer gleich die Kapitänsbinde übernommen. Inwiefern hat sich der Spielertyp Philipp Schobesberger verändert?

Nicht großartig, um ehrlich zu sein. Ein jeder der mich kennt, weiß, dass ich nach wie vor noch immer ein Spaßvogel bin. Ich verstelle mich nicht, nur weil ich jetzt zu den erfahrenen und routinierten Spielern gehöre. Die jungen Spieler bringen mir Respekt entgegen, das gehört sich auch, dass man ältere, gestandene Spieler respektiert. Zugleich bin ich aber auch nicht der Typ, der das unbedingt einfordert. Auch die jungen in der Mannschaft können mit mir ihren Spaß haben. Für ernstere Themen wenden sie sich dann aber schon eher an den Dibi oder Maxi.

In der heutigen Zeit klingt es vielleicht komisch, aber nachdem ich nie eine Akademie durchlaufen habe, mich nie wirklich an strikte Vorgaben von einem Trainer halten musste, hat sich eben über die Jahre ein Instinkt entwickelt, den man nicht so einfach erlernen kann.
Philipp Schobesberger

Viele bezeichnen dich als Instinkt-Fußballer, eine Fähigkeit, die es in der heutigen Zeit nicht mehr so oft gibt, weil bereits in jungen Jahren klare Spielideen und Spielabläufe trainiert werden. Ist diese Unberechenbarkeit in deinem Spiel, auch nach der langen Verletzungspause, nach wie vor deine größte Stärke?

Ja, das würde ich schon sagen. In der heutigen Zeit klingt es vielleicht komisch, aber nachdem ich nie eine Akademie durchlaufen habe, mich nie wirklich an strikte Vorgaben von einem Trainer halten musste auf dem Feld, hat sich eben über die Jahre ein Instinkt entwickelt, den man nicht so einfach erlernen kann. Ich hatte das Glück, dass ich auf dem Feld immer so agieren durfte, wie ich es in dem Moment für richtig gehalten habe. Ein ähnlicher Spielertyp ist der Grülli, da merkt man auch ganz klar, dass er in seiner fußballerischen Ausbildung mehr Freiheiten hatte und das kommt auch ihm zugute. Ich glaube solche Spieler tun einer Mannschaft sehr gut.

Du bist nun schon seit acht Jahren beim österreichischen Rekordmeister unter Vertrag, ein jeder weiß, was dir der Verein bedeutet. Jetzt wo du wieder fit bist, wie sehen deine sportlichen Zukunftspläne aus?

Ich will einfach nur Fußballspielen. Ich kann jetzt wieder Woche für Woche auf dem Platz stehen, dem nachgehen, was mir eine große Freude bereitet. Deshalb denke ich nicht weit voraus, für mich zählt aktuell nur die Gegenwart. Alles andere ergibt sich von selbst. Wichtig ist, dass ich gesund bleibe und immer fitter werde. 

Es ist ein gutes Mittelding aus dem seriösen Schobi, der eher selten auftritt, und dem Spaßvogel Schobi. Nichtsdestotrotz würde ich schon behaupten, dass ich eher der strengere Elternteil von uns beiden bin.
Philipp Schobesberger

Die vergangenen knapp zweieinhalb Jahre waren für dich aus sportlicher Sicht alles andere als erfreulich, dafür umso erfreulicher aus privater Sicht. Anfang 2020 hast du deine langjährige Freundin geheiratet, ein Jahr später kam euer Sohn zur Welt. Wie tickt der Jungpapa Schobesberger?

Es ist ein gutes Mittelding aus dem seriösen Schobi, der eher selten auftritt, und dem Spaßvogel Schobi. Nichtsdestotrotz würde ich schon behaupten, dass ich eher der strengere Elternteil von uns beiden bin. Das wird jetzt meine Frau nicht so gerne lesen, aber sie lässt schon weit mehr durchgehen als ich, das glauben mir jetzt vermutlich die wenigsten, ist aber tatsächlich so. (schmunzelt)

… deiner Frau zuliebe, bringst du dafür auch deine instinktiven Fähigkeiten im Haushalt zum Vorschein, oder?

Ja. Leider ja. Die Haushaltsaufgaben haben jetzt auch mich erwischt, aber das gehört einfach dazu und ist auch völlig ok für mich. Geschirrspüler ausräumen ist dabei eine meiner Paradedisziplinen, beim Wäscheaufhängen fühle ich mich eigentlich auch recht gut, da ist eben nur das Problem, dass meine Frau mit meiner Aufhängtechnik nicht ganz einverstanden ist. Also handhaben wir das beide mit unterschiedlichen Techniken, bei meiner dauert es halt ihrer Meinung nach etwas länger, bis die ganze Wäsche getrocknet ist, aber das passt schon. Hauptsache alles wird irgendwann trocken. (schmunzelt)

Zum Abschluss: Du kennst die Kehrseite des Sports, welchen Ratschlag würdest du einem jungen, talentierten Fußballer für seine Karriere mit auf dem Weg geben?

Dass man bei einer Verletzung die notwendige Geduld aufbringen und lieber ein bis zwei Wochen länger am Muskelaufbau arbeiten soll, als etwas zu überstürzen und wieder verletzt zu sein. Ansonsten darf man nie den Spaß am Fußballspielen verlieren, sich nicht selbst zu viel Druck auferlegen und sich immer bewusst sein, welches Privileg es ist, Fußballprofi sein zu dürfen. Viel mehr Tipps darf ich ihnen aber auch nicht geben, sonst nehmen sie mir noch den Platz im Kader weg. (lacht)

Fotos: Red Ring Shots