Es war sein fünftes Wiener Derby, und auch wenn in all diesen Begegnungen die Abwehr meistens gut stand, die Leistung Jürgen Patockas am Sonntag bedarf wieder einer besonderen Erwähnung. Selten sah man die gegnerischen Spieler so verzweifelt am grün-weißen Abwehr-Beton anrennen, es gab einfach kein Durchkommen. Und wenn einmal so etwas wie der Hauch von Gefahr drohte, oder sich ein Rapidler den Ball abnehmen ließ, dann war gleich jemand aus der Defensive da, um die Situation zu bereinigen und dem Kollegen zu helfen. Was so einfach aussah, ist meist keine leichte Aufgabe. Gemeinsam mit Innenverteidigungs-Partner Mario Tokic dirigierte Patocka seine Nebenleute, schaute, dass keine schnellen Gegenstöße zustande kommen und gab die Marschrichtung unserer Mannschaft mitunter vor: Nur nach vorne, denn in die Gegenrichtung wird heute nichts gehen! „Da ist es schön, wenn man am Ende als Sieger vom Platz geht“, sagt Patocka, „und wenn man dann hinten nichts anbrennen lässt, ist es noch besser.“ Im letzten Sommer kam der 30-Jährige via Mattersburg nach Hütteldorf und erkämpfte sich hier schnell einen Fixplatz in den Planungen von Trainer Peter Pacult. Auch, wenn sich am Anfang noch manchmal Anpassungsschwierigkeiten zeigten, nach einem Tor gegen Wacker Innsbruck verschuldete er etwa das erste Tor bei der 0:2-Niederlage in Linz Pacult setzte auf ihn, und mit der Zeit machte sich das bezahlt: Routine trat auf, und Patocka verstand sich im Zusammenspiel mit seinen Mitspielern immer besser. Ganze 35 Spiele absolvierte er 2007/08 in der Meisterschaft und wäre nicht eine Gelb-Sperre dazwischen gekommen, er hätte nach Helge Payer (alle Spiele bestritten) wohl auch das Optimum an Einsätzen herausgeholt. Leistungen wie diese blieben schließlich dem ÖFB nicht verborgen, wo der Wiener bisher zweimal im Dress des Nationalteams auflief. Bei der Europameisterschaft war ihm jedoch keine Einsatzminute vergönnt. „Egal, das war sicher schade, aber ist vorbei“, schwächt er lapidar ab. Es überwog der Triumph, mit Rapid Meister geworden zu sein, „als ein Traum in Erfüllung ging.“ Schließlich rannte Patocka schon im Rapid-Nachwuchs den Bällen nach und durchlief fast alle Stationen. „Leider hat mir der damalige Trainer Ernst Dokupil gesagt, dass er keine Chance für mich sieht, in den Profikader zu kommen.“ In Folge nahm er schweren Herzens Abschied aus Hütteldorf, wechselte zum FAC, zu A. Lustenau, schließlich zu Mattersburg. Von wo er der Sprung zurück schaffte. Zehn Jahre später war der Innenverteidiger wieder dort, wo alles begonnen hatte.Ein neuer Anfang steht auch, ganz aktuell, für seine Familie an. Auf der Meisterfeier am Rathausplatz trat er mit seiner Frau Caroline auf, die damals noch schwanger war. Heute war sie das nicht mehr. Denn Patocka und seine Frau wurden in der Früh Eltern eines Sohnes namens Luca. Der vielleicht, in einigen Jahren, die dritte Ära der Patockas in Hütteldorf einläuten wird - im Rapid-Nachwuchs.skrapid.at gratuliert den stolzen Eltern ganz herzlich!(gub)
28.07.2015