Skrapid.at: Vor einigen Tagen hast du mit einem speziellen Sportanzug begonnen, wieder ins Training einzusteigen. Wie war das Gefühl für dich, wieder am Platz zu stehen?Helge Payer: Dazu muss ich gleich sagen: Das waren nicht meine ersten Trainings, die hatte ich schon in den Wochen zuvor. Da habe ich meine ersten leichten Übungen mit dem Ball gemacht, leichte Beschüsse und dergleichen. Jetzt habe ich von unserem Ausrüster adidas, dem ich an dieser Stelle sehr danken möchte, die Möglichkeit bekommen, mit einem speziellen Schutzanzug zu trainieren, ein „Schutzpanzer“, wie ich ihn nenne. Das Gefühl, damit zu trainieren und endlich wieder am Platz zu stehen, war natürlich super. Es hat mir irrsinnigen Spaß gemacht und ich habe gemerkt, wie sehr ich das Ganze vermisse.Wie hilft dir dieser, wie du sagst, „Schutzpanzer“?Erstmal schützt er natürlich die wichtigen Stellen an meinem Körper, bei denen ich die Thrombose hatte. Leber, Nieren, die Bauchgegend, die Brust, das alles. Das sind die Regionen, wo es gefährlich werden kann, wenn ich einen scharfen Schuss da rauf bekomme. Da hilft dann auch der Helm. Weil ich Bluter bin, muss auch der Kopfbereich geschützt werden.Du absolvierst ja ein spezielles Trainingsprogramm. Wie kann man sich das vorstellen?Das hat der Fitnesstrainer unserer Mannschaft, Christian Canestrini, zusammen gestellt. In der Regel schaut es so aus: An einem Tag macht man Krafttraining, am nächsten ist die Ausdauer dran, und am dritten Tag schließlich Torwarttraining. Immer mehr wird dann der Ball ins Spiel gebracht, mehr Übungen damit gemacht. Natürlich muss man in den nächsten Wochen und Monaten schauen, wie ich mich anstelle. Da sieht man dann, welche Übungen ich schon vermehrt machen kann und welche nicht.Die Fotos mit dir beim Training könnten den ein oder anderen Fan euphorisch machen. Schnell wird da das Wort „Comeback“ verwendet. Was sagst du selbst dazu?Also, da sollte man schon noch sehr geduldig sein. Durch den Panzer ändert sich ja nichts an meiner Verletzung. Die sechs Monate, die ich aussetzen muss, beziehen sich schließlich auf die Thrombose, da muss ich Medikamente nehmen. Der Panzer hilft mir aber beim Training, damit ich nicht sechs, sondern nur drei Monate wirklich nichts trainieren kann und dann schon einen gewissen Trainingsfortschritt absolviert habe. Und ich muss etwas tun, ich bin Tormann –wäre ich untätig, könnte ich das kaum aushalten. Da werde ich unrund.Du verfolgst aber unsere Mannschaft natürlich ganz genau. Dein bisheriges Resümee dieser eigentlich noch jungen Saison?Im Vergleich zum letzten Jahr sind wir schon weiter, körperlich wie spielerisch. Das hat aber einen einfachen Grund: Den UI-Cup. Da hatten wir 2007 englische Wochen, das zehrt an der Substanz. Das es dann ab und zu einen Einbruch gab, war klar. Jetzt haben wir den Kopf aber nur bei der Meisterschaft und das merkt man auch, was das Zweikampfverhalten und Spielerische betrifft. Das hat man auch beim Derby gut gesehen, die Austria war da völlig chancenlos.Stichwort „Derby“: Was sagst du zur Causa „Böllerwurf“?Immer wieder werden Knallkörper und andere Gegenstände in den Strafraum der Tormänner geworfen. Als Profi darf man sich von derartigen Dingen nicht beeinträchtigen lassen, doch wenn man damit direkt attackiert wird schaut es anders aus. Anscheinend geht einigen Fans da ein wenig der Bezug zur Realität abhanden. Auf dem Platz stehen 22 Menschen und die spielen alle, weil sie Spaß an ihrem Beruf haben. Und als Sportler gibt es nichts Wichtigeres als die eigene Gesundheit. Solche Knallkörper sind gefährlich und haben im Stadion nichts zu suchen, es kann ja nicht sein, dass man als Spieler Angst haben muss von den Rängen aus verletzt zu werden. Es sollte sich jeder klar sein darüber dass, wenn man einen Spieler verletzt, seiner Mannschaft keinen Gefallen tut. Im Gegenteil: Man trägt dazu bei, der eigenen Mannschaft den Sport und das Spiel zu vermiesen. Ich fordere ein wenig mehr Verantwortung von den Fans der einzelnen Mannschaften! Hört auf Knallkörper und andere Gegenstände in den Strafraum zu werfen! Eure Mannschaft will durch Leistung in die Schlagzeilen und nicht dafür, dass es Verletzte gibt.Du wurdest ja selbst bei einem Derby schon mal mit einem Bengalen beworfen…Stimmt, das war 2007. Ich habe mich aber fürs Weiterspielen entschieden, weil er mich glücklicherweise nicht verletzt hat. Auch eine Aktion mit einem Böller gab es schon einmal: Rund ein Jahr davor war ebenfalls Derby. Ich wärmte gerade auf, da krachte ein Böller bei mir auf den Boden – nur einen Meter von mir entfernt! Nicht auszudenken, wenn ich da noch näher dran gewesen wäre. Als Tormann greift man nämlich instinktiv hin, wenn etwas neben dir auf den Boden fällt, Bengalen, Feuerzeuge, sonstwas. Wenn man das dann mit der Hand berührt, weil man es vom Feld werfen möchte, und das explodiert…da kann das auch das Karriereende bedeuten, wenn deine Hand beeinträchtigt wird. Da muss man sich also was überlegen, diese Kracher sind mitunter lebensgefährlich.Zurück zu dir, möchtest du den Fans noch was ausrichten?Ja. Danke an alle für die ganzen positiven und aufbauenden Worte, die ich von euch bekomme. Es gibt mir einiges, das hilft mir sehr. Wenn ich auf der Straße gehe und jemand sagt zu mir: „Helge, das wird schon wieder“, dann ist das wundervoll. Neben dem Schutzanzug von adidas sind die Fans da wirklich mein zweiter Panzer, durch den ich wieder fit werden kann und will. Und zur Stimmung generell: Die Entwicklung unserer Fanszene ist wahnsinnig toll. Wenn man sich die Choreografie vor dem Derby anschaut, als das große Transparent abgestreift wurde und die ganze West erstrahlt in Grün – Gänsehaut! Schon letzte Saison dachte ich, fanmäßig geht es nicht besser. Wie man sieht, anscheinend doch. Das ist unbeschreiblich und macht einen stolz, für diese Fans am Platz zu stehen.Besucht Helges persönliche Homepage unter www.helgepayer.com (gub)
28.07.2015