Das subjektive Zeitempfinden legt einem oft die tückischsten Fallen. Da ist es gerade mal rund drei Monate her, dass Rapid mit dem Jubiläumsspiel gegen Schalke 04 die Saison 2009/10 eröffnete aber manch einer hat diese Partie schon längst im hinteren Teil des Gedächtnisses abgelegt. Zuviel ist seither passiert. Im Schnitt gab es zwei Spiele pro Woche, und das zehrt nicht nur an den Kräften unserer Mannschaft, sondern auch an der Energie unserer unermüdlichen Fans.Unsere Mannschaft startete mit zwei Jubiläumsspielen in die neue Saison, gegen Schalke verlor man knapp (1:2), gegen Liverpool gab es im ausverkauften Happel-Stadion einen tollen 1:0-Prestigeerfolg. Wie auch in diesen beiden Spielen war „Jimmy“ Hoffer auch gegen unseren ersten Gegner in der Europa-League-Qualifikation, Vllaznia Shkoder (5:0) erfolgreich. Doch es sollten seine letzten Pflichtspiele für Rapid werden. Im Gegenzug machte Christopher Trimmel sich mit seinem ersten Tor, einem schönen noch dazu, in dieser Partie bemerkbar. Weil auch das Rückspiel gegen Vllaznia (3:0 auswärts) positiv verlief, blickte man nun gut gelaunt auf die Bundesliga, in die man um eine Runde verspätet einstieg.Doch gleich im ersten Bundesliga-Spiel musste Rapid nach einer durchwachsenen Leistung die erste – und bis dato einzige – Niederlage hinnehmen, 1:2 in Mattersburg. Es folgte zwar ein knapper Sieg (2:1 gegen Apop Kinyras), doch erst, als Rapid gegen Kärnten von 0:1 auf 5:1 drehte, konnte man etwas erleichtert durchschnaufen. Das Toreschießen klappte noch! Neben dem fulminanten Trimmel, der einen Hattrick erzielte, traf auch Mario Konrad erstmals für seinen neuen Verein. Ebendiese beiden waren auch beim 2:2-Zitterremis auf Zypern für den schlussendlichen Aufstieg in die nächste EL-Runde verantwortlich. Da konnte man das 1:1 in Ried noch verschmerzen, das Gegentor schoss übrigens noch ein gewisser Hamdi Salihi. Nun startete auch der dritte Bewerb, der ÖFB-Cup: Gegen Parndorf mühte sich Rapid, erreichte aber durch ein Tor von Christopher Drazan in der letzten Minute der Verlängerung die nächste Runde. Als schließlich leise Kritik an einer noch nicht ganz rund wirkenden Hütteldorfer Mannschaft aufkam, antwortete diese auf ihre Weise. Aston Villa war mit einem 1:0 in St. Hanappi noch sehr gut bedient, der LASK drei Tage später fast chancenlos (4:1, alle vier Rapid-Tore fielen vor der Pause).Im Rhythmus von drei-vier Tagen ging es nun weiter: Grün-Weiß demonstrierte in Birmingham, wozu Mannschaft wie Fans fähig sind und erteilte Aston Villa eine zweite Lehrstunde. Die Belohnung: Qualifikation zur Gruppenphase der Europa League! Angesichts der wartenden Gegner, HSV, Hapoel Tel Aviv und Celtic Glasgow verblasste das anstehende Derby (1:1) fast. In diesem erzielte Stefan Maierhofer seinen letzten Rapid-Treffer, einen Tag später wechselte er nach England. Rapid konnte durch die Länderspiel-Pause nun etwas durchatmen, sich regenerieren – und Neo-Stürmer Salihi, von Ried geholt, bekam mehr Zeit zur Akklimatisierung. Zwei Wochen später, im Spitzenspiel gegen RB Salzburg (2:2) trug er sich erstmals in die grün-weiße Torschützenliste ein. Ein paar Tage darauf zündete Rapid ein spielerisches wie fantechnisches Feuerwerk gegen den Hamburger SV (3:0), bei dem noch viele Tage nachher die medialen Rauchspuren zu sehen waren. Ein glänzender Start in die Europa League, der den nötigen Schwung für die nächsten Aufgaben mitgab: 7:1 gegen St. Veit (ÖFB-Cup), 1:0 in Kapfenberg, 3:1 und 4:0 gegen den Aufsteiger aus Wr. Neustadt. Und zum Garnieren zwischendurch noch ein mehr als respektabler Punktgewinn gegen Celtic Glasgow inklusive Beibehalt der Tabellenführung in unserer Gruppe (1:1). Mit „Mr. Europacup“ Nikica Jelavic, Hamdi Salihi (5 Tore in 6 Spielen), Christopher Trimmel (derzeit leider verletzt) oder Mario Konrad formte sich ein neues, torreiches Torquartett, das derzeit wohl beliebig ergänzt werden kann: Sei es durch den Kapitän Steffen Hofmann selbst Drazan, der jetzt mit dem Toreschießen begonnen hat Soma, der agiert, als hätte er schon ewig in Hütteldorf gespielt (erster Treffer gegen Wr. Neustadt) oder dem wiedererstarkten Veli Kavlak. Rapid kann offensiv wie defensiv variieren, wie schon lange nicht mehr, dazu schalten sich immer mehr Spieler mit in die Angriffe ein. Dazu wurden für die kommenden Länderspiele gleich zehn Stammspieler in die jeweiligen Nationalteams einberufen – Payer, Patocka, Jovanovic, Pehlivan, Heikkinen, Kavlak, Drazan, Boskovic, Jelavic und Salihi. Ein weiterer Beleg dafür, dass es bei Rapid derzeit sehr rund und erfolgreich läuft. Einen weiteren geben unsere Fans – 2500 davon letztens in Glasgow, eine Zahl, die nicht nur schottische Beobachter beeindruckte. Und wenn Grün-Weiß weiter so stetig in der Tabelle nach oben klettert (derzeit sind wir Dritter), wer weiß, was heuer noch alles möglich sein wird.(gub)
28.07.2015