Die Stars des FC Porto haben das Happel-Stadion immer im Blickfeld: Vis-a-vis vom Spielereingang in ihrem Estadio do Dragao erinnert ein überdimensionales Schwarzweiß-Poster an das Wiener Meistercupfinale 1987 – es zeigt das legendäre Fersler-Tor des Algeriers Rabah Madjer beim 2:1-Sensationscoup Portos gegen Bayern München.Heute machen nicht die Afrikaner die Musik beim Fixaufsteiger der Europa-League-Gruppe L, sondern Südamerikaner. Legionäre aus Brasilien, Argentinien, Uruguay und Kolumbien tummeln sich beim portugiesischen Meisterschaftsdritten und Cupsieger der vergangenen Saison, der normalerweise Stammgast ist in der Champions League, sich aber erstmals seit dem UEFA-Cup-Sieg 2003 wieder in die Klasse darunter verirrt hat.Herausragendster Protagonist der Samba- und Tango-Fraktion: Givanildo Vieira de Souza alias Hulk. Ein kultiger Brasilianer aus Campina Grande im Nordosten des fußballverrückten Landes, der den Umweg über Japan nahm, um bei den „Grünen“ von Tokyo Verdy mit der Comicfigur verglichen und gefeiert zu werden. Schon vor seinem Abstecher nach Fernost war das Talent einmal in Porto gelandet, allerdings in der Satellitenstadt Vila Nova de Gaia beim Regionalligisten Vilanovense. Aber dem Teenager, gerade mal 15 und allein eingereist, wurde gesetzeskonform die Aufenthaltsgenehmigung verweigert.Also wieder Abflug – um im Juli 2008 im Triumphgeheul  zurückzukehren und beim großen FC Porto anzuheuern: An seinem 22. Geburtstag unterschrieb der Power-Riegel einen Vertrag. Transfersumme: Sechs Millionen Euro. Er brauchte nicht lange, um Fans, Trainer und Mitspieler von seinen Qualitäten zu überzeugen. In seiner Premierensaison stürmte Hulk in jedem der zehn Champions-League-Spiele Portos am rechten Flügel, mit seinem Gala-Auftritt gegen Manchester United im Viertelfinale in Old Trafford als Höhepunkt.Seine Waffen waren unübersehbar: Speed, Power, Technik, überschäumendes Temperament. Erste schmeichelhafte Parallelen wurden gezogen: „Er besitzt einige Charakteristika seines brasilianischen Landsmannes Ronaldo, die ihn eines Tages zu einem der besten Angreifer der Welt machen könnten“, diagnostizierte etwa Pedro Sousa, ein Kommentator des portugiesischen Fußballs. „Ein geiler Spieler“, outet sich sogar Rapids Rene Gartler als Bewunderer seines jüngeren Kollegen.Selbst eigenen Spielern bereitet der 24-Jährige manchmal Schmerzen. Bei seinem Liga-Debüt hatte Hulk nicht nur mit links ins Tor von Belenenses gehämmert, sondern bei einem Freistoß auch einen argentinischen Klubkameraden in der Mauer wie einen Kegel rausgeballert – der arme Schlucker fiel drei Wochen mit lädiertem Knie aus. In der Europa League ließ es Hulk bereits in Istanbul krachen. Ein Doppelpack beim 3:1 killte die Gruppensieg-Ambitionen von Besiktas. Schon lange vorher hatte der FC Porto den Vertrag seines Superhelden bis 2014 verlängert und die Ausstiegsklausel von 40 Millionen auf stolze 100 Millionen Euro raufgeschnalzt. Damit soll fürs Erste der ganz normale Ausverkauf der Besten gestoppt werden: Seit dem Champions-League-Sieg 2004 unter Jose Mourinho hatte Porto seine Auslandstransfers zur Kunstform erhoben und Stars um weit mehr als 300 Millionen Euro an Top-Teams in England, Spanien, Italien, Deutschland und Frankreich verscherbelt. Von Deco über Ricardo Carvalho, Diego, Pepe, Quaresma, Lisandro Lopez bis zu Raul Meireles, der nach der Südafrika-WM beim FC Liverpool eine neue Spielwiese fand. Umso erstaunlicher, dass rund um Hulk die Bälle noch immer mit einem selbstverständlichen Automatismus zirkulieren und es auf der Anzeigentafel im EM-Stadion Dragao konstant GOLO! blinkt. Ballbesitz und Kurzpässe sind das Um und Auf, die Angriffe der Meisterschafts-Torfabrik rollen mit der Unerbittlichkeit einer Planierraupe. In der Europa League arbeitete Porto an den bisherigen vier Spieltagen sensationelle 40 Corner heraus. „Das beste Team, das ich in den letzten Jahren beobachten durfte“, konstatierte Rapid-Spionagechef Fritz Riedmüller mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Prompt taumelte Grün-Weiß  im Hinspiel bei Blau-Weiß in ein 0:3 – dabei befand sich Hulk nicht einmal unter den Schützen. Die Rapid-Fans könnten wohl gut damit leben, wenn sich Hulk vom Madjer-Tor 1987 nicht inspirieren ließe und auch in Wien auf seinen Torjubel verzichten müßte - ein Capoeira-Tänzchen.Erfolge: Europacupsieger der Landesmeister 1987UEFA-Cup-Sieger 2003Champions-League-Sieger 200424 x portugiesischer Meister 15 x Cupsieger (aj)
28.07.2015
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