skrapid.at: Nicht mehr Präsident unseres Vereins zu sein, ist das in der Anfangszeit ungewöhnlich für Sie gewesen?Rudolf Edlinger: Zunächst einmal bin ich mit dem Ergebnis der Hauptversammlung sehr zufrieden. Es ist eine Funktionsübernahme geworden vom neuen Team, das Kontinuität und Aufbruch signalisiert,was auch notwendig ist. Und für Sie persönlich? Die jetzige Phase markiert ja doch einen neuen Lebensabschnitt.Das Ganze kam für mich ja nicht überraschend, sondern es war eine geplante Angelegenheit. Ich wurde schließlich nicht abgesetzt, sondern ich habe nicht mehr kandidiert, weil ich der Meinung war, dass zwölf Jahre eine sehr lange Zeit sind und Erneuerung auch mit neuen Persönlichkeiten signalisiert werden muss. Es ist für mich emotional ein völlig normaler Zustand, ich bleibe ja weiterhin Rapid-Fan.Dennoch ging Ihnen der Abschied, vor allem als Sie den großen Applaus auf der Bühne bekamen, ziemlich nahe.Ich möchte da Bruno Kreisky zitieren, der einmal gesagt hat, man kann nie genug Lob haben. Darum geht mir diese Verabschiedung sehr nahe, es hat mich bewegt. Es löst ja doch eine positive Emotionaus, wenn man das Gefühl hat, dass trotz schwieriger Fragen im Großen und Ganzen eine zwölfjährige Arbeit positiv beurteilt wird.Zu Beginn Ihrer Ära, bei der ersten Ansprache haben Sie rückblickend ein bisschen geflunkert, nämlich, dass Sie einen schuldenfreien Klub übernehmen würden. In Wirklichkeit hatten wir damals 70 Mio. Schilling Schulden, in Relation zu heute wohl mehr als 10 Mio. Euro. Warum haben Sie sich dieses Risiko angetan?Das kann man relativ einfach erklären: Es hilft einem neuen Präsident überhaupt nicht, wenn er irgendwelche Lasten versucht, auf die Vorgänger abzuwälzen. Eine Erklärung in der Öffentlichkeit, der Verein ist in einer wirtschaftlich schwierigen Situation, ist keine Einladung für neue Sponsoren. Darum war es eine politisch-strategische Entscheidung von mir, die glaube ich, richtig war. Es ist uns auch gelungen, in dem Jahr darauf diese Situation zu bereinigen. Wir hatten dann ca. drei Jahre später das Problem, durch den Ausstieg der Bank Austria in eine noch schwierigere Situation zu rutschen, die mit einem Eigentümerwechsel der Bank Austria begründet war, nachdem der neue Vorstand den SK Rapid als nicht mehr förderungswürdig erachtet hat. Wir wollten dieses Problem ohne öffentliche Begleitmusikbewältigen. Es ist uns gelungen, mit Wien Energie einen hervorragenden Partner zu finden, und danach dadurch weitere Financiers zu finden.Damals hieß es oft, Sie wären der "Sparefroh", aber Sie haben es relativ gelassen im Raum stehen lassen. Hätten Sie sich das nicht einfacher machen können, etwa indem man die erwähnte schwierige Situation offen dargelegt hätte?Der Begriff Sparefroh ist ja nicht negativ behaftet, das war ein positiv besetzter Begriff. Das Präsidium hat die Situation natürlich gekannt, wir haben alle Entscheidungen im Kollektiv getroffen. Wir haben versucht, auch bei kontroversen Themen eine gemeinsame Lösung zu finden, weil ich glaube, dass das bei einem Verein ganz wichtig ist, wenn man so auftritt. Zudem haben wir gesagt: Kommunizieren nach außen kann nur einer. Darum ist fälschlicherweise der Eindruck entstanden, dass es nur den Rudi Edlinger gibt und sonst keinen. Das war vielleicht suboptimal. Ich bin meinen früheren Kollegen im Präsidium aber sehr dankbar, dass sie diesen Weg mitgetragen haben.In der Auslage steht bei Rapid jeder - aber wie hat sich diese Situation in den letzten zwölf Jahren verändert? Sind die Leute unzufriedener geworden?2001, als ich Präsident wurde und wir 6000 Zuschauer hatten, waren wir schon sehr zufrieden. Mittlerweile haben wir fast drei Mal so viele und das bedeutet auch mehr Meinungen und Emotionen. Gerade im Fußball, wo Emotionen so öffentlich ausgelebt werden, ist es schwieriger geworden, keine Frage. Ein Unzufriedenheitspotenzial ist entstanden, weil man als Rapid-Fan immer den Anspruch hat, ganz vorne mitzuspielen. Dieser Anspruch ist ungleich höher als zu anderen Vereinen und wenn es nicht eintritt, ist auch das Enttäuschungspotenzial sehr groß. Dadurch sucht man sich dann leider Leute des Vereins, die man angreift, das ist leider auch bei Rapid passiert und hat mir überhaupt nicht gefallen. Dennoch ist auch der schlimmste Fan ein Teil der Rapid-Familie, mit dem man umgehen muss.Sie haben auch viel persönlich mit Fans zu tun gehabt und sich immer die Zeit genommen, zahlreiche Briefe und EMails zu beantworten.Ja, das waren so ca. 600 Stück im Jahr. Von vielen liegen die Fotokopien noch da hinten im Kast‘l (deutet auf einen Schrank). Das Interessante ist ja, dass die Fan-Post immer in Schüben kommt. Wenn wir mal schlecht gespielt haben, hatte ich am Montag gleich in der Früh 50 E-Mails bekommen. Spielten wir aber hervorragend, sind nur zwei gekommen. Da trägt das Internet auch dazu bei. Ist einer angefressen, schreibt er schnell etwas und sendet es ab. Früher hat man einen Brief geschrieben, denn man noch mal durchgelesen hat, bevor man ihn abschickte. Dann hat man vielleicht nochmal drüber nachgedacht. Der Prozess, seinen Unmut zu äußern, ist schneller geworden, kostenlos und nicht mühsam. Das erleichtert zwar die Kommunikation, es erschwert aber auch die Erklärungen. Es war mir aber immer ein Bedürfnis, mit den Fans zu kommunizieren, um Rede und Antwort zu stehen - weil die lebhafte Diskussion dazu gehört.Oft gehört: Warum tut sich ein respektierter Mensch wie Rudolf Edlinger so etwas überhaupt an?Ganz einfach: Ich liebe den Verein. Ich habe zwar nie das grün-weiße Leiberl als Fußballer überstreifen dürfen, aber Rapid war für mich immer der Inbegriff des Fußballs. Dass ich einmal Präsident sein darf, war nie Teil meiner Lebensplanung. Als ich dann gefragt wurde, ob ich es mache, gab es nur "Ja", oder "Ja". Ich habe "Ja" gesagt (lacht).(gub)
07.01.2014
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