Weil Markus Heikkinen für den mitteleuropäischen Fußballfan ein recht unbeschriebenes Blatt war, sorgte seine Verpflichtung im Sommer nicht unbedingt für Begeisterungsstürme. Doch wer von der „Insel“ kommt, England und Schottland als ehemalige Spieldestinationen vorzuweisen hat, kann schon so schlecht nicht sein. Seine ersten Sporen im Profigeschäft verdiente sich „Mika“ bei Helsinki, ehe er nach England zum FC Portsmouth ging. Dort wurde er aber nicht glücklich, und schneller als geplant war er wieder zurück in seiner Heimat. Doch Heikkinen wollte ins Ausland – der schottische Klub FC Aberdeen war seine nächste Station. Zwei Jahre später wartete wiederum England, die zweite Liga, Luton Town. Der heute 29-Jährige, der sein sportliches Idol mit Diego Maradona benennt, blieb wieder zwei Jahre. Dann rief Rapid. „Man weiß nie genau, wie sich neue Spieler integrieren werden“, so Sportdirektor Alfred Hörtnagl: „Markus aber vereint die Eigenschaften, die man sich von einem Profi wünscht – deshalb kommt er so gut an.“ Und er kam an. Später bei den Fans. Zuerst auf dem Platz.  In seinem ersten Pflichtspiel für Grün-Weiß, im UI-Cup-Heimspiel gegen Slovan Bratislava schloss der defensive Mittelfeldspieler erste Löcher, zwei, drei gut gesetzte Schritte und der Raum für den Gegner war zu. Und schaltete sich in die Offensive ein: Ein Traumpass über das halbe Feld auf den freien Bazina, der zum 2:0 gegen harmlose Slowaken einschoss. Am Ende stand es 3:1 und Heikkinen hatte erste grün-weiße Fußnoten gesetzt. Auf Fragen, ob er sich gerne in die Angriffe einschalte, antwortete er: „Ich bin nicht so der offensive Spieler, schieße fast nie Tore. Ich versuche hinten meine Arbeit zu erledigen.“ Schüchtern? Nein, bescheiden. Und fest am Boden verankert.Doch der Linksfuß sollte sich mit Fortdauer seiner Einsätze immer öfter nach vorne trauen. Quasi als Fleißaufgabe, wer hinten alle Ansprüche erfüllt, der darf auch mal vorne mitmischen. Auswärts in Graz traf „Mika“ per Distanzschuss die Stange, im Derby setzte er den Ball knapp neben das gegnerische Tor. „Es zählen keine Ausreden“, betont er leise, doch überzeugt, „bei Rapid musst du immer gewinnen.“ Die Siegermentalität war es auch, die ihn gegen Anderlecht weiterspielen ließ. Nach dem Spiel schmerzte es in Heikkinens Brust, man diagnostizierte Rippenbruch samt gefährlichem Lungeneinriss. Doch der Finne spielte weiter, als wäre nichts gewesen. Es schmerzte trotzdem – das Ausscheiden mit Rapid im UEFA-Cup. Und weil die Nummer 8 im Spital kaum siegen kann, stand er nach nur einem Monat nach der Operation wieder am Platz, gegen Ried, es war ein sensationelles Comeback der Kämpfernatur. Prompt siegte Rapid mit 4:0, kassierte erstmals nach fünf Runden en suite kein Gegentor. Heikkinen war zurück und seinen neuentdeckten Torinstinkt hatte er nicht verloren: Mit Finnland gastierte er vor einigen Wochen in Portugal, man benötigte einen Sieg, um ein EM-Ticket zu lösen. „Mika“ stand am Platz, spielte gut und – hatte den Siegtreffer vor dem Fuß, acht Meter vor dem Tor, doch im Gedränge daneben. Am Wochenende in Innsbruck ging er, diesmal im Rapid-Dress, erneut bei einem Angriff mit nach vorne. Wieder gab es Gedränge, er traf zum Ausgleich. Es war sein erstes Tor seit 2006, damals noch für Luton Town. „Im Durchschnitt treffe ich einmal pro Jahr“, erzählt er lächelnd, „aber fürs Tore schießen bin ich auch nicht geholt worden.“ Das bestätigen auch seine Gegenspieler, die immer wieder am exzellenten Stellungsspiel des Finnen verzweifeln. (gub)
28.07.2015