Andy Marek: Wenn ich über dich nachdenke, dann fallen mir einige Ziffern ein. Du wirst im Juni 55 Jahre alt, trugst bei Rapid als Spieler die Nummer 5 und warst vor 25 Jahren mit dabei im legendären Europacup-Finale 1985, als unsere Mannschaft gegen Everton mit 1:3 verlor. Deine Erinnerungen?Heribert Weber: Es herrschte eine unglaubliche Atmosphäre im Stadion von Rotterdam, wo das Finale ausgetragen wurde. Unsere großartigen Fans, die damals mit waren, trugen einiges dazu bei. Es war ein unvergessliches Spiel, aber ich möchte schon was anmerken: So wundervoll und sensationell die Partien davor waren, inklusive der Aufholjagden, so enttäuschend war für mich das Finale als Spieler. Viele meiner Kollegen waren schon zufrieden, dass wir dieses Endspiel überhaupt erreichten, aber Fakt ist, dass wir viel zu wenig geboten haben. Da war einfach mehr drin. Aber es hat mental etwas gefehlt, der letzte, notwendige Schritt zum Finalsieg ist nicht mehr gemacht worden. War Everton damals eine außergewöhnliche Mannschaft, oder spielte auch viel Glück beim Finaleinzug mit?Schwer zu sagen. Man darf nicht vergessen, dass die im Halbfinale immerhin Bayern München ausgeschaltet haben, also es war schon ein sehr gutes Team, gegen das wir damals verloren. Der Fairness halber muss man sagen, dass bei uns ein Teil des Mittelfelds ausgefallen ist und wir so auch ein bisschen zum Kompensieren gezwungen waren. Dennoch, es schwang bei uns diese Zufriedenheit mit, die uns letztendlich auch den Sieg gekostet hat. Wenn du dir heutige Europa League-Finalisten anschaust, wie heuer Atletico Madrid oder Fulham und vergleichst – wo wäre Rapids ‘85er-Team gestanden?Das ist natürlich sehr hypothetisch. Ich glaube aber, dass wir mit der damaligen Mannschaft viel mehr erreichen hätten müssen. Jeder Spieler hatte seine individuelle Klasse, die Kombination aller hat's gemacht. Wir hätten international öfters ganz oben mitspielen können.Man merkt, dass du ein Perfektionist bist. War es dein größter Moment als Spieler?Das, und das Finale mit SV Salzburg damals gegen Inter Mailand im UEFA-Cup. Wohlgemerkt: Hier waren auch andere, ehemalige Rapidler mit dabei, die 1985 mit uns gegen Everton spielten. Gegen Inter haben wir uns mit wesentlich mehr Engagement präsentiert, wir waren die bessere Mannschaft, es hat nur das nötige Quentchen Glück gefehlt. Du warst und bist immer noch „Ehrenkapitän“ des SK Rapid. Für unsere jüngeren Fans - was bedeutet diese spezielle Ehrung?Also ganz ehrlich, ich hab mich später auch oft gefragt: Warum ich? Warum bekomme ich eine solche, symbolische Auszeichnung verliehen? Die damaligen Verantwortlichen ehrten mich nach meinem Ende bei Rapid. Vielleicht, weil sie sich dachten: „Der Bursch' zeichnet sich mit allem aus, was diesen Verein ausmacht.“ Vom Herz, von meiner Einstellung her, von der Mentalität, da hab ich Grün-Weiß gelebt. Möglicherweise machte das den Unterschied aus. Aber ich will niemand anderen damit schlecht reden, Rapid hat viele große Legenden. Ich würd' mich auch freuen, wenn ein anderer Spieler eine solche Ehrung bekommt. Ein Steffen Hofmann beispielsweise hätte sich das schon verdient. Schreibt's das unbedingt, ich würde mich dafür einsetzen, dass der Steffen so ausgezeichnet wird. Dann würd' ich die Ehrung auch nicht mehr allein tragen müssen (lacht).Deinen Worten entnehme ich, du hast dich auch sehr gefreut, als Hofmann seinen Vertrag verlängerte?Na, aber sicher. Es kann Rapid nix Besseres passieren. Man hat heuer in den ersten Runden gemerkt, als es bei Steffen noch nicht so rund lief, wie auch die Mannschaft darunter litt. Als er sich gebessert hat, ging's wieder nach oben. Kommen wir wieder zu dir. Du kamst als junger Spieler von Sturm nach Hütteldorf. War es schon seinerzeit so, dass Rapid eine attraktive Adresse für junge Spieler darstellt?Schon damals gab es in der Steiermark viele Regionen, die grün-weiß gefärbt waren. In der Wahrnehmung der Menschen reihte sich Rapid natürlich an die erste Stelle, bedingt auch durch die internationalen Erfolge. Bjerregaard, Flögel, das waren Vorbilder. Ich persönlich war in der glücklichen Lage, zuhause einen Fernseher zu haben, so habe ich Rapid mitverfolgt und noch mehr lieb gewonnen. Es war immer schon mein Traumverein. Wer jetzt glaubt, es handelt sich um Einschmeicheln, der irrt sich: Das ist einfach die Wahrheit, und jeder, der Rapid lebt und liebt, weiß, was das bedeutet.Teil 2 des Interviews
28.07.2015
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