Hier geht es zu Teil 1 des Interviews mit Rudolf Edlinger: http://www.skrapid.at/9610+M5b2e14887d0.htmlskrapid.at: Was ist Ihnen in diesen zwölf Jahren besonders in Erinnerung geblieben oder auf positive Weise nahe gegangen?Rudolf Edlinger: Es gibt schon einige Ereignisse, die ich nie vergessen werde: Abgesehen von den beiden Meistertiteln, die ich als als Höchstes außen vor lasse, war das etwa das Auswärtsspiel gegen Lok Moskau. Wir sind hingefahren, nur um vermeintlich auszuloten, wie hoch wir verlieren. In Wien haben wir 1:1 gespielt und dort gewannen wir aber in einer spannenden Partie mit 1:0 und waren plötzlich in der Champions League. Das war für mich ein unglaublich emotionelles Erlebnis. Ich bin nicht einer, der oft in die Kabine gegangen ist, aber damals bin ich richtig hineingestürmt, auch wenn das bei den hiesigen Sicherheitsbeamten nicht gerade einfach war. Nachdem ich aus der Kabine wieder hinausgegangen bin, habe ich mein Sakko danach wegwerfen müssen (lacht). Dann gab es das Spiel in Kazan, mit dem 3:0, als wir aufgestiegen sind. Dort trat die Obrigkeit an, um Rapid schon vorab gönnerhaft zu trösten, weil wir wohl ausscheiden, immerhin haben wir das Hinspiel in Hütteldorf mit 0:2 verloren. Dann gewinnen wir aber 3:0 und ich habe keine Schadenfreude, sondern echte positive Freude empfunden. Oder Birmingham beim zweiten Mal, da war ich dabei (beim ersten auf Urlaub): Nach vielen dramatischen Momenten sind wir mit einem 3:2 aufgestiegen. Das waren ganz tolle Ereignisse, dazu kommen noch Spiele wie das 3:0 gegen den damaligen Tabellenführer Deutschlands, den HSV. In der heimischen Bundesliga war es ganz klar der Ostersonntag 2008.Das 7:0 in Salzburg…Ja, das hat mich unglaublich emotionalisiert. Ich habe den Tag im Kreise meiner Familie verbracht und von meiner Frau war ein Fußballverbot ausgesprochen worden. Wir haben uns mit den Enkelkindern aber durchgesetzt, dass wir mit einem Auge hinschauen durften. Nachdem es bald schon 3:0 gestanden ist, ist meine Frau alleine am Ostertisch gesessen und dann hat sie sich zu uns gesellt. Es ist also der Mannschaft sogar gelungen, meine Frau zum Fußball zu bringen, also war es gleich eine mehrfache positive Emotion für mich (lacht).Um beim Positiven zu bleiben: Sind in den zwölf Jahren Freundschaften entstanden zwischen Ihnen und Spielern oder Trainern?Ich habe immer versucht, zu Leuten, mit denen ich arbeitsmäßig in einem Verhältnis stehe, eine Beziehung aufzubauen. Es ist mir nie leicht gefallen, mich von Trainern oder Sportdirektoren zu trennen, aber mitunter sind Rahmenereignisse eingetreten, die eine Entscheidung alternativlos gemacht haben. Was die Spieler betrifft, gibt es einen, der schon so lange dabei ist, wie ich, der Steffen Hofmann. Ich glaube, es gibt keinen Legionär in Österreich, der so eine Beziehung aufgebaut hat zu einem Verein wie er. Er ist nicht nur ein hervorragender Sportler, sondern wird mir auch aufgrund seiner Persönlichkeit, wie er sich in der Öffentlichkeit gibt, immer in Erinnerung bleiben. Sie haben auf der Hauptversammlung den Faktor Menschlichkeit angesprochen - ist diese im schnelllebigen Geschäft des Fußballs weniger geworden?Die sogenannte Menschlichkeit kann natürlich auch als Führungsschwäche betrachtet werden. Die Aufrechterhaltung von dieser ist aber ein absolutes Muss-Kriterium für mich, denn Menschen waren für mich nie Nummern. Wenn man einen solch großen Verein führt, ist das positive Einvernehmen gegenüber anderen sehr wichtig für mich gewesen - egal, wie sie einem entgegenkommen. Für mich hat die Menschlichkeit einen sehr hohen Stellenwert.Was hat sich für Sie im Fußball seit 2001 so alles verändert? Vereine wie FC Tirol, GAK oder LASK sind in den Niederungen verschwunden oder aufgelöst worden. Ist das ein mahnendes Beispiel für andere Vereine, wie schnell so etwas gehen kann?Das ist der Aspekt der Außerachtlassung der wirtschaftlichen Vernunft. Wenn man sich in wirtschaftliche Abenteuer einlässt, können Vereine im Nirvana verschwinden. Das traurige ist aber, dass sich solche Vereine sportliche Vorteile verschafft hätten, wodurch sie wo standen, wo sie eigentlich nicht hingehörten. Da hätten wir wohl zwei Meistertitel mehr, weil wir hinter diesen Mannschaften zwei Mal Zweiter wurden. In einer negativen Bilanz bist du aber schnell drinnen, darum gilt es, Verhaltensfehler der Vereinsführung zu beachten. Wir haben uns bemüht, diese so gut wie möglich nicht zu machen, und sind keine Abenteuer eingegangen. Dafür wurden wir auch kritisiert, aber das muss man aushalten. Ich hätte es mir aber nie verziehen, wenn unter meiner Führung Rapid das Schicksal von diesen Klubs ereilt hätte.Ist der Rapid-Fan per se langfristig überhaupt zufriedenzustellen und unterscheidet er sich von anderen Fans?Einerseits ist Transparenz nichts Schlechtes, aber wo hört sie auf? Meiner Meinung dort, wo es darum geht, bestimmte Strategien nicht öffentlich dazulegen. Nur ein Beispiel: Ich würde es für fatal halten, öffentlich ein Budget der Zukunft darzulegen, weil ich im selben Augenblick für alle Konkurrenten offen lege, was ich strategisch vorhabe, etwa am Transfermarkt. In dem Moment, wo ich es öffentlich mache, habe ich die Konkurrenz im Nacken, die über mich Bescheid weiß. Man muss Transparenz dort beenden, wo sie sie vereinsstrategisch gefährdend wirkt. Das ist auch schwierig, manchen Fans zu erklären, weil ihnen das gesamtheitliche Wissen fehlt - das werfe ich aber nicht vor, das können sie auch gar nicht haben, dieses interne Wissen. Die im Budget festgelegte Strategie muss ich so lange wie möglich intern aufrecht erhalten, sonst schade ich dem Verein.Thema Stadion: Was waren in den letzten Jahren die wichtigsten Eckpfeiler für sie und was ist nun das Wichtigste für die kommenden Monate?Wenn ich an den Anfang zurück denke, als wir 2001 die Dächer auf die Tribünen bekommen haben, hat niemand die Modernität des Stadions in Zweifel gezogen. Im letzten Jahr hat sich aber auch in Österreich herauskristallisiert, dass sich die Erwartungen, die ein Stadiongänger hat, deutlich verändert haben. Ich rede nicht nur vom VIP-Bereich, sondern auch vom normalen Zuschauer. Man will sich nicht in der Pause anstellen müssen, und dann mit einem kalten Würstel und warmen Bier wieder auf den Platz zurückkehren. Man will sich vielleicht vorher und nachher zusammensetzen, man hat eine andere Erwartung an den Besuch am Fußballplatz. Das, wie es damals war, will heute niemand mehr. Daher muss man dem Ganzen auch von der Infrastruktur her gerecht werden. Aber wir entwickeln uns, wenn ich etwa an die Akademie denke: 2006/07 haben wir keinen Platz für unsere Akademie gefunden, am Ende waren die Burschen sogar in Niederösterreich. General Manager Werner Kuhn und ich haben uns zwischen 2008 und 2010 zehn Plätze angeschaut, wo wir uns dachten, da könnte eine Akademie errichtet werden. Aber entweder war es bautechnisch nicht möglich, der Grund war zu teuer oder es hat Widmungsprobleme gegeben. Auch beim Gerhard Hanappi-Stadion war es nicht wirklich möglich. Wir haben dann mit der Stadt Wien verhandelt und entschieden, ins Ernst Happel-Stadion zu gehen. Da haben wir ein Trainingszentrum nach europäischen Standards geschaffen und dadurch waren die Voraussetzungen gegeben, dass die Akademie zum Gerhard Hanappi-Stadion angesiedelt werden kann. Das war für mich ein Quantensprung und ist auch von den Betreuern und Spielern so positiv registriert worden. Beim Hanappi-Stadion sind bestimmte technische Probleme aufgetreten, und auch da hat uns die Stadt Wien mit einem zweistelligen Millionenbetrag sehr geholfen, mit dem Auftrag zu Sanieren und Adaptieren. Wir haben uns die Zielsetzung gestellt, was wir tun müssen - und sind dann zum Schluss gekommen, dass die Sanierung den Subventionsbeitrag verschlingt. Wir haben daraufhin die Alternative eines Neubaus ins Auge gefasst, alles andere wäre fahrlässig. Auch hier brauchen wir die Unterstützung der Stadt, aber nicht unbedingt durch weitere Mittel. Sondern, dass sich der Betrag der uns jetzt noch fehlt, etwa durch ein kluges, gemeinsames Konzept lukrieren lässt.Vergessen wir zu schnell, was gestern war?Es ist nun einmal so: Vergangenheit ist Vergangenheit und gerade Fußball ist eine schnelllebige Geschichte. Wenn man drei Mal in Folge Meister wird und dann in der vierten Saison nur Achter, dann wird eine Kritik per excellence folgen. Da ist es dann relativ egal, was davor war. Ich bin ja selber so: Wenn ich nur ein Rapid-Fan wäre, und nicht Präsident und sowas passiert, wäre ich angefressen. Die Menschen und vor allem die Rapid-Fans haben hohe Anspruchserwartungen und da ist es immer eine Frage, wie man logische Erklärungen für Umstände findet, die so eintreten. Die 32 Meistertitel der Vergangenheit  werden aber keinem Präsidenten einen Diamanten bringen, darum heißt es: Nach vorwärts schauen. Wir schauen aber auch zurück: In Ihrer Ära hat sich Rapid sehr intensiv mit seiner eigenen Geschichte beschäftigt, siehe die Studie zur NS-Zeit oder das Rapideum. Ist dadurch ein neues Bewusstsein der gesamten Rapid-Familie entstanden?Mir war es jedenfalls ein Bedürfnis, dass der Verein, der sich mit Recht auf die eigene Geschichte beruft und für den Tradition eine sehr große Bedeutung hat, jede Faser seiner Historie auch kennen soll. Eine Phase der dunklen Zeiten, wie die NS-Zeit, soll auch dokumentiert werden. Diese wissenschaftliche Arbeit haben wir 3000 Mal verkauft, was für ein solches Werk ungeheuer viel ist. Dazu dokumentieren wir auch im Rapideum unsere Geschichte, ein kleines, aber sehr interessantes Museum. Ich hab schon viel größere Museen gesehen, die unglaublich fad waren. Aus der Kenntnis der eigenen Tradition muss die Zukunft entwickelt werden. Der grün-weiße Anfangsfaden muss weiter geflochten werden, in der Gegenwart gibt es vielleicht andere Formen und Strategien, der Anfangspunkt darf aber nie vergessen werden. Sonst spürt man das Gefühl nicht mehr, wofür dieser Verein eigentlich steht. Das darf nie passieren und ich bin guter Dinge, dass das unter dem neuen Präsidium nicht geschieht. Was hat Rudolf Edlinger weiter vor - wenn Sie jetzt im Schnitt nun 20 Stunden pro Woche mehr Zeit haben?Ich bin nach wie vor Präsident des Österreichischen Dokumentationsarchivs und der Österreichisch-Ukrainischen Gesellschaft und relativ aktiv als Seniorenvertreter in der Politik. Und dann habe ich ganz liebe Enkelbuam, um die ich mich sehr kümmern werde. Zudem wird mich meine Frau künftig noch mehr ertragen müssen (lacht). Haben Sie schon Ihren neuen Stammplatz im Stadion gefunden?Ich habe schon eine Karte bekommen, aber ich weiß noch nicht, wo der Platz ist. Auf jeden Fall aber auf der Südtribüne!Ende des Interviews.(gub)
12.01.2014
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